Dienstag, 17. November 2009

Verkehrte Welt?


Ich geb's ja zu. Das Thema dieses Artikels trifft wohl nicht ganz das Thema dieses Blogs. Auf der anderen Seite: Sieht man Palindrome als Verdrehung der Sprache, das Vokabular "umgekrempelt", "linksherum" sozusagen, könnte man diesen Beitrag wohl doch als Ergänzung ansehen.
Wie dem auch sei: Ich möchte an dieser Stelle ein Weltbild vorstellen, mit Verlaub absolut grotesk, das nicht nur in seiner Nutzlosigkeit und Skurrilität etwas mit den Palindromen gemeinsam hat. Die Rede ist vom Innenweltkosmos. Der Kern der Theorie ist schnell erklärt: Unsere Erde ist innen hohl und wir leben auf ihrer Innenseite. Alle kosmischen Körper, das Universum an sich füllt den Rest der Hohlkugel aus. Mit abartigen Rechnungen und Voraussetzungen kann man diese Theorie sogar widerspruchsfrei gestalten. D.h.: Man kann sie nicht widerlegen ... Wie gesagt, ein seltsames und sicherlich amüsantes Weltbild, mit dem man sich wohl nur zum Zeitvertreib näher beschäftigen sollte (was nebenbei durchaus lehrreich sein kann). Aber: Sobald jemand sonderbare Weltbilder präsentiert (z.B. dass die Proteinproduzenten innerhalb einer organischen Zelle ein ganzes Universum darstellen) sollte man sich dezent auf palindromische Weise fragen, wie es um den Geisteszustand des Theoretikers steht:
Er: "Ribosom so Kosmos!" "Ob irre?" ;)

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1 Kommentar:

  1. Und tatsächlich führte dieser Geisteszustand nicht nur bei Theoretikern, sondern auch bei einem Praktiker zur historischen Katastrophe. Schauen wir dazu in den Roman "Das Foucaultsche Pendel" (1988) von Umberto Eco. Dieser spielt bewusst mit diesem absurden Weltbild, um ein noch absurderes Weltbild, welches zum Bedauern historische Wahrheit geworden ist, zu unterlaufen.

    lesen wir ein Stück:

    »Warte, jetzt wird's doch erst spannend: Die Erde ist eine hohle Kugel, wir leben nicht draußen auf der konvexen Außenfläche, sondern drinnen an der konkaven Wölbung. Was wir für den Himmel halten, ist eine Masse aus dunklem Gas, durchsetzt mit Zonen von strahlendem Licht, die das Innere der Kugel füllt. Alle astronomischen Maße müssen revi-diert werden. Der Himmel ist nicht unendlich, er ist begrenzt. Die Sonne, wenn sie denn existiert, ist nicht größer, als sie erscheint. Ein Bällchen von höchstens dreißig Zentimetern Durchmesser im Mittelpunkt der Erde. [...] Die Idee hatte bereits zu Anfang des vorigen Jahrhunderts ein Amerikaner namens Symmes. [...] Und nach dem Ersten Weltkrieg wird seine Theorie von einem Deutschen perfektioniert, wie heißt er noch gleich, Karl Neupert, der sogar eine regelrechte Bewegung gründet, die Bewegung der ›Hohlweltlehre‹. Hitler und die Seinen finden, daß diese Theorie der hohlen Welt aufs schönste zu ihren Prinzi-pien paßt, ja es heißt sogar, sie hätten einige ihrer V2 nur deshalb danebengeschossen, weil sie die Flugbahn ausgehend von der Annahme einer konkaven und nicht konvexen Erdoberfläche berechneten... Hitler hat sich nunmehr überzeugt, daß er der König der Welt ist und daß der Führungsstab seiner Partei die Unbekannten Oberen sind. Und wo bitte wohnt der König der Welt? Innen drin, unten, nicht draußen. Von dieser Hypothese geht Hitler aus, als er beschließt, das Ganze umzustülpen:"

    Doch Ecos Roman bietet mehr und schon der Titel muss zwangsläufig mit der palindromen Philosophie zu tun haben. Wer die mechanische Wirkungsweise eines Foucaultschen Pendels kennt, weiß, dass es nicht nur beliebig durch Zauberkraft hin und her pendelt, sondern eine Schriftbahn hinterlässt, die als grafisches Gebilde dem Satorquadrat in nichts nachsteht. Und genau dieser Klassiker darf in dem meiner Ansicht nach bedeutendsten wissenschaftlich-fiktionalen Roman nicht fehlen:


    »Wie bist du empfangen worden?«
    »Durch die perpendikuläre Passage zum Pendel.«
    »Wer hat dich empfangen?«
    »Ein Mystischer Legat.«
    »Würdest du ihn wiedererkennen?«
    »Nein, denn er war maskiert. Ich kenne nur den Ritter des nächsten Grades über mir, und dieser kennt nur den Naometer des nächsten Grades über sich, und ein jeder kennt immer nur einen. Und so soll es sein.«
    »Quid facit Sator Arepo?«
    »Tenet Opera Rotas.«
    »Quid facit Satan Adama?«
    »Tabat Amata Natas. Mandabas Data Amata, Nata Sata.«

    (Ganz Aufgeweckte entdecken natürlich ein zweites Quadrat mit einem kleinen Makel,
    vermutlich war dem Lektor dieser Ausgabe das Pendeln fremd.)

    Tom N.

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