Montag, 30. August 2010

Nullsummenphänomen?

Die Idee eines inhaltlich geschlossenen palindromen Stück Literatur geht wohl kaum einem Pabuautoren aus dem Kopf. Doch wie schon Spiegelkünstler Martin Mooz vor einiger Zeit in seinem Blog in anderem Zusammenhang bemerkte, scheint es bei Palindromen eine Art "Nullsummenphänomen" zu geben: Je sinniger die eine Hälfte eines Palindroms gelingt, desto nichtssagender wirkt die Spiegelverkehrung. Ein besonders beeindruckendes Palindrom-Paar soll hier zur Illustration dienen und gleichzeitig veranschaulichen, wie schwierig es ist, geschlossene palindrome Literatur zu erzeugen.

Fangen wir also mit der ersten Hälfte an:

"I-Ah", sagte der Esel.

Ein schöner Satz. Inhaltlich sinnvoll, das sagt der Erfahrungswert. Er wirkt auch wenig gequält, wie das bei Palindromen manchmal so ist. Wollte man ihn in Literatur einbinden, würde sich vielleicht eine Fabel anbieten. Doch der Satz ist eben auch palindrom. Schauen wir uns die Umkehrung an:

"Lese!", redet Gas-Hai.

Semantisch, orthographisch und grammatisch ist gegen diesen Satz nichts einzuwenden. Auch der Fabel-Charakter könnte durch das erneute Auftreten eines tierischen Sprechers unterstrichen werden, eine Art Dialog würde sich für ein literarisches Experiment gut eignen. Aber wie wenig sinnvoll wirkt doch diese Zeile im Vergleich zu ihrer besseren Hälfte!
Auch inhaltlich gibt es einige Probleme: Was hat denn bitte ein Esel mit einem Gas-Hai zu tun? Was zum Henker ist ein Gas-Hai überhaupt?

Allein diese kurze Demonstration zeigt denke ich gut, wie schwer der inhaltlich geschlossene Palindromtext zu erreichen ist. Und das, obwohl die erste Hälfte so vielseitig und flexibel wirkte ...

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